Macht die Vier-Tage-Woche einen Sinn?

privat Christian Matzek

30. August 2023

SPD-Landtagskandidat Kubatschka diskutiert mit Gewerkschaftern und Arbeitgebervertreter aktuelles Thema

Zwischen „spaltet die Gesellschaft“ und „Idee zur Lösung gesellschaftlicher Probleme“ pendelt die Diskussion einer hochkarätig besetzten Gesprächsrunde im AWO-Treff in Blaichach unter Moderation der SPD Bezirkstagskandidatin Vera Huschka. Ilona Deckwerth, stellvertretende Vorsitzende des DGB Allgäu, begründet die Forderung nach einer 4-Tage-Woche mit einer Umfrage, in der 81 % der Beschäftigten diese befürworten. Sie unterstreicht den gesundheitlichen Aspekt am Beispiel hoher Arbeitsbelastung zum Beispiel bei Pflegeberufen, sieht aber auch Vorteile für Familien und im Freizeitbereich und verspricht sich mehr gesellschaftliche Aktivitäten. Den gesundheitlichen Aspekt betont auch Michael Schnitzer, Betriebsratsvorsitzender bei Fendt in Marktoberdorf mit Verweis auf den hohen Krankenstand: „Wir müssen schauen, dass die Leute gesund sind“. Er sieht in der 4-Tage-Woche die Chance zur Flexibilisierung vor allem bei wirtschaftlichen Krisen und weist auf bereits praktizierte Arbeitszeitmodelle hin. Man müsse aber aufpassen, dass nicht neue Ungerechtigkeiten zwischen den Arbeitnehmern entstehen, betont der Gewerkschafter. Für das Handwerk sei die 4-Tage-Woche kaum machbar meint Michael Jäger, Bezirksvorsitzender der IG Bau und Betriebsratsvorsitzender. Betriebe, die mit „am Freitag frei“ werben, bekämen auch nicht mehr Leute. Er weist auch auf die Erwartung von Bauherren hin, die wenig Verständnis hätten, wenn am Freitag nicht gearbeitet würde. Häufig müsste auch nachts und an Wochenenden gearbeitet werden, um die Zeitvorgaben zu erfüllen. Als Vertreter der Metallindustrie und Geschäftsführer des VBW (Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft) sieht Enno Schad die Forderung nach einer 4-Tage-Woche als „Irrweg“, der nur neue Probleme schaffe. „Wer soll das bezahlen?“ stellt er die Frage und weist auf die Gefahr von Produktionsverlagerungen ins Ausland und einer Spaltung der Gesellschaft hin. Das Thema sei sehr ambivalent: Manche können es sich leisten, nur vier Tage zu arbeiten, Menschen in niedrigeren Lohnsektoren aber nicht! Eine Voraussetzung sei mehr Fachpersonal, war er sich mit den Gewerkschaftsvertretern einig, das es aber derzeit nicht gäbe. Was trägt die 4-Tage-Woche zur Lösung der aktuellen Probleme in Deutschland bei und gibt es nach Branchen oder Alter differenzierte Lösungsansätze? wurde von Zuhörern gefragt. Diesen Punkt greift SPD-Kandidat Markus Kubatschka auf. Als Lehrer kann er sich eine 4-Tage-Woche in der Schule bei dem aktuellen Lehrermangel kaum vorstellen. Von Bedeutung sei für ihn auch der gesundheitliche Aspekt: Fehlendes Personal belaste die anderen zusätzlich. Ein Umdenken sollte beispielsweise bei den Ladenöffnungszeiten einsetzen. Für Kubatschka ist wichtig, dass man miteinander spricht. Eine generelle Lösung in dieser Frage gäbe es nicht. Einig waren sich die Gesprächsteilnehmer, dass die Diskussion um die 4-Tage-Woche nicht zu einer Entsolidarisierung unserer Gesellschaft führen dürfe.

Text: Gerhard Bunk

Teilen